Sprechstunde Frau und Herz
Schlagen Frauenherzen anders?
Frauen wird im Allgemeinen «mehr Herz» zugeschrieben, sie gelten als gefühlsbetonter als Männer. Aber was ist mit dem Herz als Organ? Was sind die Unterschiede zwischen Frauen- und Männerherzen?
Gibt es je nach Geschlecht unterschiedliche Herzerkrankungen?
Anatomisch betrachtet sind Männer- und Frauenherzen zum Zeitpunkt der Geburt nicht unterschiedlich. Die weiblichen Hormone haben aber einen enormen Einfluss auf unseren Körper, beispielsweise auf die Gefässe, die Fettbildung im Körper, den Stoffwechsel, und den Blutdruck. Zudem nehmen viele Frauen zusätzliche Hormone ein. Dies beeinflusst die Entstehung der Arteriosklerose in den Gefässen und verändert die Dicke und Elastizität des Herzmuskels. Diese Veränderungen treten aber durch den Schutz der Östrogene erst später als bei Männern auf. Mikrovaskuläre Erkrankungen, d.h. eine Erkrankung der ganz kleinen Gefässe, sind bei Frauen häufiger. Dies ist auch eine Erklärung dafür, dass der Stress-Herzinfarkt, das sogenannte Takotsubo-Syndrom, in ca. 90 % der Fälle bei Frauen und nur in ca. 10 % der Fälle bei Männern auftritt. Herzinfarkte treten bei Frauen in der Regel erst im höheren Alter auf. Als Todesursache sind die kardiovaskulären Erkrankungen jedoch bei Männern und Frauen gleich häufig.
Warum ist über Frauenherzen so wenig bekannt?
Lange Zeit wurden Studien über neue Herzmedikamente, Herzeingriffe oder moderne Untersuchungsverfahren vorwiegend an Männern durchgeführt. So wurden eine Menge Daten zum männlichen Körper gesammelt und die gewonnenen Erkenntnisse wurden im Anschluss auf den weiblichen Körper übertragen. Aufgrund des weiblichen Zyklus und anderer Faktoren reagieren Frauenkörper jedoch anders als männliche Körper.
Erst seit kurzer Zeit werden der weibliche und der männliche Organismus getrennt voneinander erforscht. Daher ist über die Besonderheiten des weiblichen Körpers und seine Organe bislang vergleichsweise noch wenig bekannt. Diesbezüglich stellt auch das weibliche Herz keine Ausnahme dar.
Herzinfarkt bei Frauen
Die «klassischen» Symptome eines Herzinfarkts sind der Allgemeinbevölkerung bekannt. Dazu zählen unter anderem Schmerzen, die zunächst hinter dem Brustbein beginnen. Sie können dann in den Hals, Unterkiefer, Rücken, die Arme oder den Oberbauch ausstrahlen.
Bei Frauen macht sich ein Herzinfarkt aber oftmals auch durch andere Anzeichen bemerkbar. Dazu zählen Kurzatmigkeit oder Atemnot, Schweissausbrüche, Rückenschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch, ein Ziehen in den Armen, unerklärliche Müdigkeit oder Depressionen. Bei diesen unspezifischen Symptomen gilt der erste Gedanke nicht unbedingt einem Herzinfarkt. Daher gehen in vielen Fällen weder die Betroffenen selbst noch die behandelnden Ärzte von einem Herzinfarkt aus.
Hinzu kommt, dass viele Frauen oft nicht sofort zum Arzt gehen, da sie bei den genannten Symptomen meistens von etwas Harmlosen ausgehen. Daher warten sie vor dem Arztbesuch grundsätzlich einige Tage ab, ob die Beschwerden von selbst abklingen. Das ist fatal, denn bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute! Wenn sie sich dann doch zum Arztbesuch durchgerungen haben, ist eine angemessene Behandlung keineswegs garantiert. In manchen Fällen wissen selbst die Hausärzte nicht, dass die geschilderten Beschwerden auf einen Herzinfarkt hindeuten könnten. Häufig werden lediglich die «klassischen» Anzeichen für einen Herzinfarkt richtig gedeutet. Die atypischen Symptome, die bei Frauen bei einem Herzinfarkt ebenfalls auftreten können, werden oft fehlinterpretiert. Daher dauert es in vielen Fällen länger, bis Frauen die richtige Diagnose erhalten. Doch ohne korrekte Diagnose können sie nicht angemessen behandelt werden. Eine Beratung bezüglich der Einnahme von Medikamenten ist vor allem bei Frauen sehr wichtig, da die Medikamenten-Compliance im Gegensatz zu Männern deutlich schlechter ist.
In der Sprechstunde versuchen wir Ärzt:innen gemeinsam mit unserem Praxisteam, die Symptome auch bei Frauen richtig zu deuten, abzuklären und zu behandeln. So hoffen wir, auch der weiblichen Bevölkerung eine adäquate Herzbetreuung zu bieten.